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Aufmerksamkeit

10. November 2016

Zur Zeit ist einer der größten struggle in der RedBug-Family die Frage der Aufmerksamkeit. Wie schafft man es von einer großen Gruppe gehört zu werden? Und was muss man dafür tun?

Der Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit von Außen hat dabei nichts mit Eitelkeit zu tun. Es ist ganz einfach so, dass wie in den meisten Firmen auch unsere Arbeit erst wirklich funktioniert, wenn sie konsumiert wird. Ohne ein gewisses Maß an Feedback wird diese Arbeit extrem kompliziert und manchmal sogar unmöglich. Und wir haben einige Projekte, die erst beginnen können, wenn eine gewisse Community existiert. Also müssen wir Aufmerksamkeit generieren.

Kompatibel sein

Leider ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Quantität nicht immer mit Qualität einher geht. Wie oft schon hat man Schauspieler, Autoren oder Musiker beobachtet, die mit ihrem Erfolg eine ganze Menge kreativen Freiheit abgeben mussten.
Das gilt natürlich genauso für die Community. Je größer die Fanbase, desto ungenauer die Zielgruppe.
Um mehr Leute zu erreichen muss man halt den Radius erhöhen. Gleichzeitig sind dadurch die Projekte aber auch nicht mehr so punktgenau, wie man sie gerne hätte. Als Künstler fühlt sich das natürlich wie der Todesstoß an. Kreativer Kompromiss? Niemals. Alles muss so sein wie ich das will.
Doch mit dieser Einstellung landet man ganz schnell in der Schiene des missverstandenen Künstlers, der ein einsames Leben führt und wenn überhaupt erst nach dem Tod Aufmerksamkeit erlangt.
Für uns keine Option. Also doch der Kompromiss.

Erfolg über Nacht

Fast schon mit Genugtuung beobachtet man ja heutzutage aufsteigende Stars. Denn jeder weiß, es ist nur eine Frage der Zeit, bis das instabile Gerüst zusammenbrechen wird. Natürlich träumt jeder von einem Erfolg über Nacht, aber ein solcher Aufstieg hat auch seine Nachteile. Urplötzlich wird die Community von einer eingeschworenen Fangemeinde zu einem Trend. Leute von überall kommen herbei, springen auf den Zug mit auf. Und das ist auch eigentlich nichts Schlechtes. Das Problem ist nur, dass damit auch die Qualität sinkt. Damit meine ich jetzt nicht die subjektive Qualität, sondern einfach die Schnittmenge zwischen dem was der Künstler vermitteln will und dem was bei dem jeweiligen Zuschauer ankommt.

Während man in einer kleinen Community noch ganz deutlich seine Werte und Vorstellungen vermitteln kann, wird es bei einer großen Gruppe deutlich schwieriger. Schon allein, weil sich die meisten gar nicht so intensiv mit dem Projekt beschäftigen werden.

Neulich auf dem Flume-Konzert, der einen riesigen Hype erlebt hat, habe ich das erneut feststellen müssen. Flume selber war genial. Die Musik war toll, die Visual erste Sahne und die Location ideal. Nur die Leute waren merkwürdig. Einige konnten scheinbar gar nichts mit der Musik anfangen und standen überfordert herum, wieder andere haben versucht das zu kompensieren und sind auf der anderen Seite des Spektrums rausgekommen. Nichts von beiden hatte ansatzweise etwas mit Flumes Musik und Style zu tun. Und das hat das Konzert wirklich gestört.
Aber was tuen, wenn man plötzlich über Nacht berühmt wird? Wenn die Community drastisch anwächst und enorm an jener Qualität verliert?

Aussortieren

Gerade in letzter Zeit habe ich öfters beobachtet, wie Firmen oder Personen in ihrer Fanbase aufgeräumt haben. Durch den großen und vor allem schnellen Erfolg haben sie einige Anhänger bekommen, die nicht der eigentlichen Zielgruppe entsprechen und nicht den Werten gerecht werden für die die Marke steht. Airbnb zum Beispiel hat vor kurzem eine Erklärung veröffentlicht, die jeder Nutzer unterzeichnen muss um die Plattform weiter zu nutzen. Man bekennt sich damit zu einem respektvollen Umgang untereinander, egal welche geschlechtlichen, religiösen oder ethnischen Unterschiede man aufweist. Ein sehr mutiger Schritt, der Airbnb ganz klar einige Nutzer kosten wird. Nicht alle haben darauf begeistert reagiert. Aber das hat Airbnb auch sicher nicht erwartet. Ihnen ist schlichtweg aufgefallen, dass ihre Community nicht ihren eigenen Ansprüchen entspricht. Und da sie einen Status erreicht haben, mit dem sie es sich leisten können, ein paar Nutzer zu verlieren, haben sie diesen wichtigen Schritt gemacht.

Auch einzelne Personen haben es gerade zu den Präsidentschaftswahlen ähnlich gehandhabt. Sowohl Casey Neistat als auch Jared Leto haben öffentlich bekannt gegeben, dass sie Hilary Clinton wählen werden. Das hat ihnen alles andere als Unterstützung gebracht. Die meisten Kommentare waren von Hass getränkt, und beide mussten danach auf viele wichtige Supporter verzichten. Aber will man denn wirklich support von jemandem, der ebenso Trump unterstützt? Eigentlich doch nicht. Also muss ab und an aussortiert werden.

Alternativ

Die Frage ist nur, kann man auch ohne diese Leute? Wenn man nur Zuhörer zulässt, die die selben Ansichten in jeglichen Punkten haben, wird die Gruppe an Zuhören sehr schnell sehr klein. Im Grunde wären wir dann zu fünft. Und selbst da gibt es selbstverständlich Meinungsverschiedenheiten.
Muss man also zwangsläufig Abstriche in der Qualität seiner Community machen, wenn man eine gewisse Reichweite erzielen will?

Es scheint noch einen weiteren Weg zu geben, der zumindest von Außen für einige zu funktionieren scheint. Es ist der langsame Aufstieg. Ein extrem kraftraubender Vorgang. Doch wenn der Erfolg so schleichend kommt, dass man jeden Schritt beobachten kann, gerät die Situation nur selten außer Kontrolle. Man kann immer wieder kleine Justierungen machen. So bleibt einem das drastische Aussortieren zum späteren Zeitpunkt erspart.

Selbst in der Höhle der Löwen investieren die Löwen manchmal nicht, weil sie wissen, dass so ein Kickstart der Firma nicht gut tuen würde. Sie wissen, dass es besser für das Produkt ist, wenn es langsam wächst. Langsam aber stetig. Und dann kann man nur hoffen, dass einem unterwegs nicht der Atem ausgeht.

Also

Wir RedBugx sind uns noch nicht ganz einig, was für uns der beste Weg ist. Aber eins versuchen wir nie zu vergessen. Wir bleiben immer in control. Selbst wenn man ab und zu aussortieren muss, oder es einem vorkommt, als würde man die gewünschte Aufmerksamkeit nie erreichen. All das sind Entscheidungen die wir treffen. Und wir können die Entscheidung jeder Zeit ändern, solange wir die Kontrolle bewahren.

 

  • Reply
    Katrin
    17. November 2016 at 17:35

    Schöner Beitrag. Lenny. Nur in einer Sache würde ich Dir widersprechen. Control? Sobald man „da draußen“ ist, ist nicht mehr viel mit Kontrolle. Jeder denkt sich etwas zu den Dingen, die man so macht, kommentiert, zerreißt, verzerrt oder verehrt oder bewundert sie.
    Auch ein Grund, warum wir oft lieber weniger rauslassen und nicht so laut werden. Dieser stille Blog ist ja schon ein Megagebrüll für uns.
    Was aber schon stimmt, man kann ein paar Dingen aktiv aus dem Weg gehen. Wie mir eine Journalistin der BILD mal erklärte: Sie gehen nur in Häuser, in denen sie auch Zutritt bekommen. Da kann man dann einfach NEIN sagen. Tja, also, wir werden dann wohl (nicht gerade zu den BILD -Reportern) demnächst mal ofter JA sagen ;)

  • Reply
    Isabel
    2. Dezember 2016 at 10:53

    sehr interessanter beitrag!
    für mich fühlt es sich nicht wie ein struggle an, eher wie ein organischer prozess, den ich sehr spannend finde!
    ich glaube auch nicht, dass es um kontrolle geht, mir zumindest nicht. was ich wichtig finde, ist nach seinem eigenen besten gefühl zu handeln, das zu tun, was man selber am interessantesten und hilfreichsten findet. was jeder andere damit macht liegt beim anderen. das ist ja das faszinierende daran, ideen, projekte und ansichten zu teilen- ins gespräch zu kommen, sich auszutauschen. und meiner meinung nach ist das ein wichtiger aspekt; den anderen wahrzunehmen und zu hören. wie in einem guten gespräch. wenn man sich einen aufmerksamen gesprächspartner wünscht, glaube ich, ist es ein guter anfang, ein aufmerksamer gesprächspartner zu sein.
    ich bin jedenfalls gespannt und freue mich auf die nächste phase! :)

  • Reply
    Leonard
    2. Dezember 2016 at 17:39

    ja das stimmt natürlich. mit Kontrolle meinte ich auch eher Flexibilität. also das man keine angst hat sich einfach reinzuschießen, weil man sich bewusst sein sollte, dass man jederzeit die Situation shiften kann, es also wieder unter ,Kontrolle‘ bringt. Und ich bin natürlich auch sehr gespannt wie es jetzt weitergeht :)

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