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Grey’s Anatomy oder: Getting over your Genius.

21. Oktober 2017
Grey’s Anatomy

Es wird viel gesagt, über die Qualität von „Day TV“. Von Serien, die, wie Grey’s Anatomy, seit unzähligen Staffeln, eine kleine Gruppe von Charakteren begleiten, dabei wie sie sich verlieben, verkrachen, verheiraten und…verscheiden. Was am häufigsten gesagt wird, ist wahrscheinlich „leichte Unterhaltung“. Etwas, das nicht nur Shonda Rhimes nerven sollte.

Wir sind spät zur Party gestoßen. Und mit spät meine ich, jetzt.
In der Schulzeit waberten Begriffe wie McDreamy, Meredtih, Seattle Grace auf dem Schulhof herum, meine Freundinnen kicherten und tratschten über die letzte Folge, ohne das ich davon mitgerissen wurde. Irgendwie habe ich es geschafft, eine Jugend ohne Grey’s Anatomy zu leben. Aber bevor ihr zu viel Mitleid mit mir habt, ich bin ja nachgekommen. Und muss sagen, dass ich fast glaube, es wird genüsslicher, je älter man wird, je mehr man versteht.

Easy reading is damn hard writing.

Und easy watching ist im Fall von Grey’s Anatomy und Shonda Rhimes, damn good writing. Nicht nur die Tatsache, dass Grey’s Anatomy bereits über 13 Staffeln läuft, wiederholt Rekorde und Herzen gebrochen hat und immer noch, über zehn Jahre nach der Ausstrahlung der ersten Folge, funktioniert. Grey’s Anatomy is a genius piece of writing. There. I said it.

Get over it.

Mein Freund hat es gut ausgedrückt neulich, als wir über die letzte Folge Greys Anatomy diskutierten. „Klar, es ist leicht, als Genie, einen ultrakomplexen Vortrag zu halten, den nur du verstehen kannst. Aber irgendeiner im Publikum sagt vielleicht, da war ein Wort dabei, das mir was gesagt hat. Und das nehme ich jetzt, und mache was daraus.“ Diese Leute schaffen dann etwas, was echtem Genie entspringt und gleichzeitig eine Klarheit besitzt, die die Ideen zugänglich macht.

Und das ist es doch, was Künstler wollen, egal was sie machen? Das Menschen ihre Ideen, sehen, erfühlen, begreifen und bewundern können. Erlebbar machen, was man ausdrücken will.

Wir stapfen durch das Laub. „Gestern hatte ich wieder so einen Moment, in dem ich fast in die Selbstbepuderung abgedriftet wäre“ sagt mein Freund und grinst. „Gestern war einfach so gut, ich hab super gearbeitet, war zufrieden mit mir. Ich weiß nicht ob dir das auch so geht-„ „Klar, geht mir das so. Ich schreibe was, das mir gefällt und das lese ich es noch dreimal, beglückwünsche mich, so lange, bis es mir selbst auf die Nerven geht.“ Er nickt. Mein Freund ist streng mit sich was „Selbstbepuderung“ angeht, ich finde eine gute Prise FLAWLESS hat jeder verdient. Sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Dieses rauschende, heiße, genugtuende Gefühl zu genießen, dass einem durch die Adern pumpt. Ich bin ein Genie.

Aber irgendwann muss man sich fragen, was man damit machen will.

Pop music with a twist.

In ihrer Dokumentation Five Foot Two sagt Lady Gaga mehrmals, dass ihre Devise immer war, alles zu tun was das System, de Popmaschine von ihr verlangt, aber aber auf ihre Art und Weise. Und Jahre später, ähnlich wie bei Shonda Rhimes, scheint das für sie immer noch zu funktionieren.

Ich für meinen Teil habe großen Respekt für gutgemachte Systeme. Und kriege gleichzeitig Ausschlag, wenn ich in ihnen funktionieren muss. Oh ja, studieren, was für eine faszinierende Institution, was für ein erprobtes System! Alle Stifte feinsäuberlich vor sich aufgereiht,

Und nach den ersten Vorlesung, alle Ringblöcke verbrennen will. Irgendwas juckt mich immer, ein Rappeln und Zappeln. Zu lange nach vorne geguckt, jemandem dabei zugehört, bewiesene Fakten neu zu beweisen und schon kommt es. Das unbändige Verlangen den Finger in die Luft zu stechen. Was freches zu sagen. Alles in Frage zu stellen. Nur die falschen Stellen anzumarkern.

Das nervt. Aber es entspringt dem echten Wunsch etwas Neues herauszufinden. Mit anderen zusammen Dinge zu entdecken, die noch niemand entdeckt hat. Etwas auszuprobieren. Blöd ist nur, wenn man der einzige ist, der sich am Ende nicht einbringen konnte. Der nicht geschafft hat, sich auszutauschen. Get over yourself.

Irgendwo zwischen Anerkennung für gutgemachte Strategien und dem Rappeln und Zappeln könnte Arbeit liegen, die sinnvoll ist. Spaß macht. Weiterbildet. Bewegt.

Fade out

Ich bewundere Menschen, Künstler, wie Lady Gaga, wie Shonda Rhimes, die es schaffen, ihr Talent so zu bündeln, dass sie das beste aus beiden Welten haben können. Eine gut gemachte Rennstrecke und ein selbstgeschweißtes Race Car. Die benutzen, was ihnen zur Verfügung gestellt wird, und so möglich machen, dass sie mehr Leute erreichen, dass sie eine Platform haben, auf der sie verändern können. Und ja, das geht nur, wenn man bereit ist, sich die Hände schmutzig zu machen. Sich ständig zu hinterfragen. Geht das? Ist das noch ok?

Und das macht Grey’s Anatomy großartig. Nimm das Klischee und melke es. Dazu ist es da. Klischees sind Klischees, weil sie ihre Wurzeln tief in der menschlichen Erfahrung vergraben haben. Es pulsiert immer noch Leben durch diese Wurzeln. Die Arbeit, die Wahrheit im Klischee zu finden, das ehrliche Herz, und das dann zu benutzen, ist eine noble Sache. Und keine leichte Unterhaltung.

Warum enden wir nicht mit der einzigen Sache aus Grey’s Anatomy, bei der ich immer den Faden verliere: Dem End Voice Over:

Genius comes in many forms.

Sometimes it’s subtle, sometimes obvious.
Everyone has it and yet, not everyone can see.
What true potential lies within in every human being.

You can be afraid of it, or you can show it off.
You can choose to ignore whatever it is that you have to say, be or do.
But ask yourself. Is that really why you came here?

Yes. You’re a genius. Just make sure it doesn’t get unnoticed.

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