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Ausdauer: Niemals nach unten sehen

1. März 2019
Ausdauer

Nach dem etwas ruckligen Jahresanfang merkt man es schon, unser kleines Red Bug Homie-Team steckt in einer Blogging-Krise. Was ja ganz normal ist. Jeden Monat ein Thema, das Schreiben wird zur Routine und auf einmal fragt man sich: Wozu? Wer sieht sich das an? Wer liest das? Wozu mache ihc mir die Arbeit? Und auch, wenn wir immer gesagt haben: Es ist für uns, es ist eine Familienblog, ist manchmal einfach die Luft raus. Und das Gute daran ist: Erst wenn die Luft ganz raus ist, kann neue Luft hinein. Frische Luft. Ausatmen – einatmen. Ein ganz normaler Prozess.

Vielleicht ist es daher ganz folgerichtig, sich für diesen Monatsbeitrag März (den Februar haben wir ganz närrisch ausgelassen) das Thema Ausdauer vorzunehmen. Was heißt das? Was ist das? Macht das Sinn?

Was ist was?

Ich liebe es ja, bei solchen Fragen einfach mal zu Wikipedia zu gehen und sich die ganz brutale Definition anzusehen.

Unter Ausdauer versteht man die im Charakter begründete Fähigkeit eines Menschen, ein Ziel auch dann mit unverminderter Motivation zu verfolgen, wenn die Anstrengung über eine längere Zeit oder gegen Widerstände aufrechterhalten werden muss. (Wikipedia)

Ich fand immer, dass Ausdauer eine meiner herausragenden Qualitäten ist. Und gleichzeitig mein schlimmster Feind, der dann gerne mal Eigensinn oder Sturheit heißt. Aber vielleicht erst einmal zu den Vorzügen dieser Eigenschaft:

Ich bin Steinbock, Aszendent Löwe. Ich stelle mir das so vor: Eine zähe Berggemse, die mit sehr wenig Nahrung (kleine Grashalme zwischen Felsritzen) auf dem Weg zu einem Gipfel, mutig und entschlossen voransteigt. Den Blick nach oben gerichtet. Langsam und stetig, so höhlt ja bekanntlich schon das Wasser den Stein. Trop, tropf, tropf. So werden Münzen und Muscheln glattgewaschen und Treppenstufen durchgetreten, so wachsen kleine Pflanzenstecklinge zu mächtigen Bäumen, so zerbeißen Termiten ganze Häuser. Mach es nur lange genug, dann wirst du Ergebnisse sehen. Ausdauerndes Sparen soll zu unglaublichen Reichtümern führen und auch darin bin ich gut. Mir auf ein späteres Ziel hin etwas abzuknapsen? Kein Problem.

Die Power der Ausdauer

Jeder Mensch hat eine bestimmte Grundzahnfarbe. Von superweiß zu bernsteinfarben. Meine liegt so in der Mitte, was mich als Teenager mächtig gestört hat. Ich wollte weiße Zähne. Bleaching kam später, also war Putzen angesagt. Beharrliches Putzen. Über Monate. Zweimal täglich zehn Minuten, Eieruhr gestellt oder bis hundert gezählt. Ein Muss. Ich wusste, dass ich mein Ziel erreicht hatte, als mir meine Tante ein Kompliment für meine außerordentlich weißen Zähne machte.

Ähnlich war es mit der Fähigkeit meiner Freundin, ihre Handflächen beim Vornüberbeugen flach auf den Boden zu legen. Ich wollte das auch, kam aber nur mit den Fingerspitzen zu Boden. Also wurde jeden Abend geübt. Trainiert. Eisern. Das Ziel wurde mit Ausdauer erreicht. Noch heute kann ich das.

Wow. Ich hatte etwas gefunden. Eine Superpower. Mit Ausdauer ist alles möglich.

Ausdauer beschreibt die motorische Fähigkeit, eine bestimmte Intensität (zum Beispiel die Laufgeschwindigkeit) über eine möglichst lange Zeit aufrechterhalten zu können, ohne vorzeitig körperlich beziehungsweise geistig zu ermüden, und sich so schnell wie möglich wieder zu regenerieren. (Wikipedia)

Körper und Geist

Wikipedia unterscheidet zwischen der sportlichen und der psychologischen Ausdauer. Aber für mich ist das eine eng verbundene Einheit.

Kurzstreckenlauf war nicht mein Ding. Ich war Spätentwicklerin, spirrelig und meine Oberschenkel eher schmal, gegen die Mädchen mit den Powermuskeln kam ich nicht an. Aber, hey, ich hatte ja meine Superpower. Ich fing an, täglich zu laufen und wurde schnell eine gute Langläuferin. Sollte an Wettbewerben teilnehmen. Wurde „entdeckt“. Langlaufen – das schien mir überhaupt das Motto meines Lebens zu sein. Andauernd auf ein Ziel zusteuern. Wenn ich etwas regelmäßig mache, dann fügt sich der Wille. Wenn ich mir etwas willentlich abverlange, dann fügt sich der Körper.

Ächem. Oder auch nicht. Steinböcke haben es im Zweifelsfall mit den Knien. Stimmt.

Ich lief jeden Tag und bekam Knieschmerzen. Der Abistress hat sicher auch eine Rolle gespielt. Das wurde so schlimm, dass mir beide Knie einbandagiert wurden. Und hier kommen wir zu der negativen Seite der Ausdauer. Der Hartnäckigkeit. Der Engstirnigkeit. Denn die ist ja nötig, damit ich an meiner Routine, an dem täglichen Programm oder Training festhalten kann. Und Loslassen ist dann oft nur gewaltsam möglich. Also musste ich nachbessern. Auch mal kleine Pausen machen. Der Ausdauer eine Pause gönnen. Denn wir wissen ja – jede Superpower hat auch ihre zerstörerische Seite.

Willensstärke

Ausdauer verlangt Willensstärke. Ich kann ziemlich hysterisch werden, wenn Menschen eine regelmäßig vereinbarte Tätigkeit oder Aufgabe nachlässig betreiben. Kommt ja nicht so drauf an, kann ich ja auch später machen. Wer Ausdauerexperte ist, weiß, dass das nicht geht.

Nicht, weil man das meiste nicht einen Tag später machen kann, das geht, schon klar, aber was man damit beschädigt, kaputt macht, aushöhlt – ist die Ausdauer selbst. Denn wenn man erstmal anfängt, das alles schleifen zu lassen, dann hat die Sache nichts mehr mit Ausdauer zu tun. Und leider gibt es da auch kein anderes Konzept. „Immer-wenn-ich -Lust-drauf-habe“ ist ein Superkonzept für das Eis essen oder den Sex, aber einfach kein guter Plan, wenn ich ausdauernd ein Ziel verfolge. Denn – auch eine Erkenntnis. Ausdauer braucht ein Ziel.

Ausdauer und Ziel

Ausdauer ohne ein Ziel ist – keine Ahnung. Vielleicht Folter. Und da fehlt mir Prometheus ein, der Titan, der den Menschen das Feuer gebracht hatte, den Fortschritt und dafür von Göttervater Zeus bestraft wurde. Angekettet an einen Felsen. Täglich kam ein Adler und frass ihm die Leber weg, die dann über Nacht nachwuchs.

Tja, wir Superhelden mit der Ausdauerpower kennen das Gefühl: Es tut weh, aber es muss jeden Tag wieder geschehen. Wir sind angekettet. Freiwillig. Es kann durchaus unbequem sein, wir halten durch.

Manchmal verliert man bei dem Ausdauerspiel sein Ziel aus den Augen und dann muss man aufpassen, denn Ausdauer kann durchaus zum Selbstzweck werden. Ausdauer ohne Ziel ist sinnloser Verschleiß. Manche verbringen so ihr ganzes Leben, Hauptsache man hält durch. Und dann kommt Frustration und ganz schnell die nächste Frage: Was hat das ALLES überhaupt für einen Sinn? Das Leben, die Menschheit, der Kosmos?

Wir, die wir die Superpower Ausdauer haben, wissen, dass man diese Frage nicht stellen darf. Wenn wir klettern, dann sehen wir nicht in den Abgrund, die Vergangenheit, das, was hinter uns liegt. Das Infragestellen höhlt die Ausdauer genauso aus, wie das Aussetzen und Verschieben und auf morgen vertagen. Das Infragestellen – ist (meintewegen) eine andere Superpower, aber sie ist uns fremd. Wir fallen eher mit steifgefrorenen Händen vom Berg, den Blick weiter starr nach oben gerichtet.

Ein Ziel muss es geben, aber es muss nicht materiell oder überhaupt physisch sein, es kann durchaus idealistisch sein: Ein besser Mensch werden, die Welt schöner machen, den Menschen etwas geben. Diesen Blog zum Beispiel. Und dann bloggen wir eben. Regelmäßig, ausdauernd. Niemals nach unten sehen, niemals umdrehen, einfach weiterklettern.

Ich denke, in dieser kritischen Phase unseres RedBug-Homie-Blogs ist meine Superpower ganz besonders gefragt :)

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