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Freunde: Interview mit Lenny

28. September 2018
freunde: interview mit lenny

Filmfreundschaften, Seinfeld und eine unerwartete Jake-Gyllenhaal-Appreciation-Party. Ich habe mich mit Lenny über Freunde unterhalten.

Isabel: Was ist deine Lieblingsart, neue Freunde kennenzulernen?

Lenny: Ich mag’s eigentlich, am Set Leute kennenzulernen. Das kann aber relativ schnell auch nur beruflich bleiben. Viele von meinen Freunden hab ich übers Eck kennengelernt. Wir machen oft Filmprojekte zusammen, aber es ist nie durch einen Dreh ins echte Leben gekommen, sondern immer eher andersherum passiert. Das finde ich immer nett, wenn man Leute kennenlernt, weil einer jemanden mitbringt. Und dann merkt man ja auch immer relativ schnell, ob man gut zusammen klar kommt oder nicht.

Was würdest du sagen, ist für dich das Anzeichen, dass Potential für eine gute Freundschaft da ist?

In Gesprächen, wenn man merkt, man unterhält sich, ohne immer wieder neu ansetzen zu müssen oder immer wieder die Fäden zu verlieren. Wenn es einfach relativ automatisch von einem Gespräch ins nächste geht. Und man sich so immer weiter entwickelt. Das, finde ich, ist immer ein gutes Anzeichen.

Gibt es noch andere Sachen, die dir in einer Freundschaft wichtig sind?

Ich würde sagen, es ist auf jeden Fall wichtig, dass man Spaß hat. Das Humor dabei ist.
Man kann sich total intellektuell über Dinge auseinandersetzen, aber das bleibt teilweise auch sehr distanziert. Wenn man was hat, worüber man lachen kann, ist es sofort persönlicher.

Ich hab immer das Gefühl, wenn es zwei Situationen gibt, die unabhängig voneinander sind, in denen man sich kennenlernt, dann ist das gut. Das spricht wahrscheinlich auch erstmal gegen die „Filmfreundschaften“. Weil das ja, mehr oder weniger, eine einzige Situation ist, in der man sich kennenlernt. Das ist dann ein Kosmos, in dem man sich total gut versteht, aber man ist ja nie ausgebrochen. Denn je öfter man in verschiedenen Situationen mit Menschen zusammen ist, desto besser oder fester kann eine Freundschaft werden.

Stimmt, vor allem ist es ja am Set oft so, dass man total viele Situationen miteinander hat, aber eigentlich alle von derselben Art. Und dann ist es komisch, dass man sich sehr gut kennt, aber eben nur unter einem bestimmten Blickpunkt. Wenn man dagegen sehr schnell viele unterschiedliche Situationen miteinander erlebt, lernt man sich dadurch ganz anders kennen.

Ja, wenn man sagt, man trifft sich mal abends auf ner Party, man geht mal frühstücken, man geht mal ins Kino, man macht so verschiedene Sachen, dann glaube ich, kommt man schneller an den Punkt, wo man sich wirklich gut versteht und auch merkt, dass die Beziehung, die man hat, unabhängig ist von dem, was man zusammen tut.

Gibt es trotzdem etwas, dass du besonders gern mit Freunden machst?

Ich rede gern mit Leuten. Das macht mir eigentlich am meisten Spaß. Und ich gucke sehr gerne Filme. Das heißt, ich gehe mit Freunden immer sehr gerne ins Kino, wenn das damit verbunden ist, dass man sich davor oder danach, im besten Fall beides, lange unterhält.

Das ist bei einem Film ganz cool: man hat schonmal einen Start. Man kann anfangen, sich über den Film zu unterhalten und wenn’s gut läuft, unterhält man sich vielleicht gar nicht über den Film, weil man einfach nur die Thematiken aufgreift und über die diskutiert, anstatt jetzt penibel irgendwelche Szenen zu analysieren. Das mache ich am liebsten. Egal in welcher Konstellation, zusammenzusitzen, und sich zu unterhalten.

Ist ja auch ein cooler Mix, weil man hat ein Erlebnis zusammen, ein Film ist ja im Grunde ein Erlebnis, und dann hat man nochmal die Möglichkeit, darüber zu reflektieren.

Ich glaube, es ist schon irgendwann wichtig, dass man Dinge zusammen tut. Irgendetwas gemeinsam unternimmt. Und das hat in unseren Fall, in meinem Fall, eigentlich immer irgendwas mit Film zu tun.

Aber man muss sich schon was ausdenken.  Früher als Kind hat man einfach egal was zusammen gemacht. Das fällt immer auf, wenn man sich Spielplätze anguckt, wo nichts ist und die Kinder finden trotzdem irgendwas, das sie spielen können.

Da ist man heute irgendwie ein bisschen eingeschränkter. Wobei, in unserem Fall eben das Filmemachen spielen ist. Da fängt man dann auch an, Dinge zu basteln und sich zu verkleiden und sonst was. Bloß dass das dann am Ende noch gefilmt wird, was eigentlich umso lustiger ist.

Stimmt, eigentlich sind da alle guten Spielaktivitäten verbunden. Und man kann von einer zu anderen nahtlos übergehen. So wie es ja bei Kindern auch ist, man hat ja meistens irgendein Spiel, das man spielt, so wie Mutter-Vater-Kind, und dafür sind dann ganz viele kleine Sachen wichtig, die man erstmal kreieren muss.

Absolut. Und als Kind spielt man halt Post oder sowas und man möchte eigentlich so richtig tief eintauchen, aber es gibt gar nicht so viel, was man noch machen kann, außer Stempel auf nen Papier drücken. Und da geht es  natürlich beim Filmemachen schon darum,  die Welt richtig aufgeladen und lebendig  zu machen.

Welche Eigenschaften interessieren dich besonders an Menschen?

Ich finde cool, wenn Leute einfach offen sind. Das ist für mich eigentlich die beste Eigenschaft. Es gibt natürlich viele Gründe für Verschlossenheit, wenn Leute zum Beispiel schüchtern sind. Oder arrogant. Aber wenn man so eine gute Prise von Naivität hat, bei der man sagt, „Erstmal gucken, wie es so ist“ und nicht schon voreingenommen ist, finde ich das angenehm.

Und wenn jemand bereit ist, die nächsten Schritte zu gehen. Wenn man sagt, man schreibt demjenigen jetzt einfach oder man fragt, „Hey wollen wir was zusammen machen“, anstatt das nicht zu machen, weil man lieber in seiner Komfortzone bleiben möchte.

Klar ein bisschen Mut ist ja schon dabei, erstmal offen zu sein für neue Erfahrungen, aber man muss eben auch mutig genug sein, den nächsten Schritt zu gehen und das Risiko einzugehen, dass es vielleicht nichts wird, obwohl man dachte, man könnte sich nicht nur oberflächlich gut verstehen.

Absolut.

Ich finde eine große Stärke von dir ist wirklich, dass du dir total gute Gemeinschaftsaktionen ausdenken kannst, so wie in Italien, als du die Idee mit Zombiecide hattest. Was würdest du außerdem sagen, sind deine größten Stärken als guter Freund?

Ich hab immer so das Gefühl, das Wichtigste ist für mich, das es eine Gruppendynamik gibt.
Dass der Grund, warum man zusammen ist, in jeder Konstellation, am meisten unterstützt wird.

Und dann versuche ich eigentlich immer, also auch unbewusst, die Position einzunehmen, die dem am besten hilft. Das ist dann manchmal eine Position, die so wirkt, als wäre man voll der Egozentriker, weil man so wirkt wie der Leader, aber das gibt dann der Gruppe die beste Dynamik. Und in anderen Fällen, hält man sich einfach zurück und guckt, dass im Hintergrund alles gut läuft und dass, wenn es jemandem mal nicht so gut geht, derjenige wieder integriert wird. So, dass am ehesten erstmal das Gruppenwohl im Vordergrund steht.

Gibt es jemanden, mit dem du gerne befreundet wärst?

Oh gute Frage. Also ich bin echt happy mit meinen Freunden. Eben auch weil ich verschiedene Freunde habe, die aber auch alle offen sind, und die man miteinander verweben kann. Und die gleichzeitig alle verschiedene Qualitäten haben.

Ansonsten denke ich, grundsätzlich, ist wahrscheinlich der beste Mensch, der auf diesem Planeten existiert, Jake Gyllenhaal. Mit dem wäre ich schon gerne befreundet. (Lacht.)

Warum?

Ich finde, er ist unglaublich offen und offenherzig.
Nahezu naiv, wenn man ihn in Situationen sieht, wo er sich beömmelt, wie ein Kind.
Und gleichzeitig hab ich das Gefühl, dass man sich mit ihm auch unglaublich gut einfach zu zweit hinsetzen und anständige Gespräche führen kann. Weil er davor keine Angst hat.

Ich hab das Gefühl, da spielt vielleicht Selbstbewusstsein auch eine große Rolle. Weil man das Gefühl hat, er kann den anderen total gut wahrnehmen und Kontakt zum anderen aufbauen. Und sich gut öffnen. Oft ist es ja so, dass keine richtige Verbindung zum andern entsteht, wenn man selber so in seinem eigenen Space ist und denkt, „Hnn das ist jetzt so und das kommt jetzt so.“

Ich glaub, er kann auch was. Und das ist lustig, weil man eigentlich natürlich denken müsste, das könnte jeder Schauspieler oder sollte jedenfalls jeder Schauspieler können. Das sehe ich bei ihm ganz besonders.

Dass er sich immer dem Purpose der Sache anpassen kann. Das heißt dann eben, wenn er in einem ernsthaften David Fincher Film mitspielt, dann schafft er es, dem gerecht zu werden. Und wenn er in einer Talkshow ist, mit Jimmy Fallon oder sonst wem, dann schafft er es, sich auf diese Situation einzulassen. Er ordnet sich, im guten Sinne, immer der Gesamtsituation unter. Und bereichert sie damit total. Das finde ich immer sehr cool.

Gibt es einen fiktionalen Freund, bei dem du sagst, das ist ein richtig guter Freund?

Ich finde es interessant, wenn Freundschaften selbstverständlich sind. Gut, das ist jetzt ein gefährliches Beispiel, aber ich finde, jemand wie Kramer ist ein angenehmer Freund. Natürlich ist es total dreist, wenn er einfach so in die Tür reinkommt, obwohl er gar nicht eingeladen ist. Aber was man halt nicht missverstehen darf, ist, dass das ein Commitment von seiner Seite aus ist, sich zu öffnen. Und das finde ich irgendwie angenehm; wenn es eigentlich außerhalb der Diskussion steht, ob man füreinander da ist.
Und dass man gerne was zusammen macht.

Wie gehst du damit um, wenn in einer Freundschaft Konflikte auftreten?

Ich finde wichtig, ehrlich drüber zu reden. Vor allem, weil ein Konflikt sich im Kopf immer krass aufbauscht, wenn man die Sache nicht anspricht. Das kann ja auch sein, das man es scherzhaft erwähnt und dann steht es erstmal im Raum. Das ist vielleicht nicht die geschickteste Variante, aber immerhin. Oder dass man es offiziell anspricht.

Hauptsache, man sagt etwas. Sonst trägt man es ewig mit sich rum und es wird immer größer im Kopf. Und auf einmal ist jede Kleinigkeit, die der andere macht, nervig oder ein „Riesenfehler“. Wobei der ja auch nur sein Ding macht. Ehrlich drüber reden. Klar, das Schlimmste, was passieren kann, ist natürlich, dass die Freundschaft auseinander bricht. Aber gleichzeitig, wenn das Problem größer ist, als die Freundschaft, dann sollte man sich vielleicht eher dem Problem widmen, als der Freundschaft.

Ich glaub man muss sich irgendwie offen machen. Dann kann man natürlich verletzt werden. Und wenn der Vibe nicht stimmt, kann einen das ganz schön runterziehen. Aber der Reward, den man kriegt,  wenn es gut läuft, ist einfach auf jeden Fall lohnenswert.

Danke Lenny!

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