Royal

Royal: The Crown

24. August 2018
Royal: The Crown

Die Krone in Netflix’ „The Crown“ steht nicht nur für den prunkvollen Kopfschmuck, der Elisabeth, 25 Jahre alt, auf dem Kopf platziert wird. Sie steht für eine Institution. Und für die junge Königin für eine Lebenshaltung. Frisch gekrönt, repräsentiert sie, als Hauptdarstellerin der royalen Show, all das, was die Krone ausmacht. Für Elisabeth bedeutet das, dass sie sich an eine neues Leben gewöhnen muss. Ein Leben im Rampenlicht zwischen Entscheidungen und Zeremonien.

„The people look to the monarchy for something bigger than themselves.“

Was im grellen Scheinwerferlicht nicht ins Bild einer Monarchin passt, muss verborgen oder gänzlich aus aus ihrem Leben getilgt werden. Es beginnt ein Prozess des Reinemachens, in dem die ungezügelte Lebensart des Ehemanns, die ausufernden Trotztiraden der Schwester und diverse unzuverlässige Staatsmänner unter die Lupe genommen und korrigiert werden müssen.

Bei Tageslicht muss die königliche Familie den Erwartungen einer royalen Einrichtung entsprechen, bei Mondlicht wandern die Schatten durchs Haus. Hinter der Fassade brodelt es.

Um sie herum arrangieren sich ihre Mitmenschen mal mehr mal weniger glücklich mit den Erwartungen, die an sie gestellt werden. Schnell wird klar: Nicht jeder ist dafür gemacht, ein „royales“ Leben zu führen. Perlen und Juwelen, raschelnde Seide und kühler Marmor helfen nicht weiter, wenn zwischen den Prunk eine Person geklemmt ist, die sich nicht ausdrücken kann. Nicht authentisch lieben, leben und lernen kann. Wenn kein Raum für Fehler ist und keine Freiheit zum Experimentieren, welken neben Elisabeth selbst die glamourösesten Persönlichkeiten.

Sie hingegen versucht, herauszufinden, wo zwischen all den Regalien Platz für eine Privatperson ist.
Und  muss beginnen ein Bild zu formen, von der Königin, die sie sein will. Die Entschiedenheit und Hingabe mit der Elisabeth sich dieser Transformation widmet, ist bemerkenswert und wird zum Kernstück der Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Umwelt. Kann ein Mensch zu einem Symbol werden? Wie viel Persönlichkeit verträgt ein Idol?

Mit stoischer Robustheit unterzieht sie sich den Feuerproben einer frischgekrönten Herrscherin. Jede Herausforderung macht sie stärker. Resoluter.

„Yes I am Queen. Bit I am also a woman. And a wife.“

Natürlich ist Elisabeth’ Position ebenso eigenartig wie einzigartig. Dennoch erkennt man in ihren majestätischen Bemühungen, den Eindruck von Effizienz und Transzendenz aufrecht zu erhalten, auch unsere eigene Art in die Welt  hinauszutreten. Auf Biegen und Brechen zu versuchen, elegant und professionell zu wirken, während sich hinter den panischen Augen das Chaos weitet. Als gäbe es eine Sphäre, in der die Absurditäten und Ungereimtheiten unserer Erfahrung keinen Platz finden. Das öffentliche Leben.

Kaum überschreiten wir die Schwelle unserer heimlichen Existenz, geben wir uns Mühe, das Bild zu erfüllen, dass man von uns zeichnet. Schattenhüpfen und Pantomime bis hinter die nächste Litfasssäule, dann weiter bis zum Backstand und nach anständigem Geplauder hinter den sicheren Schreibtisch. Dort kann man das Leben ordnen. Flitschgummies hierhin, Büroklammern dorthin. Nur das Prickeln im Nacken erinnert uns daran, beobachtet zu werden.

„Who we are is not what we wear or what glitters. It’s the spirit that defines us.“

Das Leben seit Elisabeth Thronbesteigung ist freier geworden. Wir dürfen wählen, was wir sein wollen, wer wir sein wollen, wie wir sein wollen.

Doch wie viel von den unsichtbaren Anforderungen an einen anständigen Menschen haben wir hinter uns gelassen? Was trauen wir uns nicht zu zeigen? Von was sind wir überzeugt, könnte sich unser Ruf nicht erholen? Was repräsentieren wir, wenn wir das Haus verlassen?

Elisabeth’ Ringen um Fassung und Vermögen erinnert uns daran, ab und an den Mantel abzuschmeißen und barfuss durch das Gras zu walzen. Bis zum Hals in Ungereimtheiten zu baden, Löcher in die Luft zu starren, nicht der zu sein, für den man uns hält. Das Floß vom Ufer abzustoßen und eine Weile lang zu treiben. Zu hinterfragen, wo wir uns klein machen, verstecken und verbiegen und mit Respekt und Hingabe dem Leben Stück für Stück seinen goldenen Glanz wiederzugeben. Komplett mit Schatten. 

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