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Los Angeles

1. Dezember 2017
Coming in from Berlin, from over the pole

Welch ein Kontrast, wenn man über Oslo nach Los Angeles fliegt. Der Flughafen in Oslo ist nicht umsonst als einer der schönsten Flughäfen der Welt ausgezeichnet. Hell, geschwungen wie die Wege in einem englischen Garten. Freundliche Menschen. Viele ausgeklügelte architektonische Details … uuuund beste Hefeschnecken in vielen Varianten. Norwegen erscheint als ein erhebendes Land voller Möglichkeiten.

Oslo los Angeles   

Unerwartet dann eine Stunde vor dem Boarding in die Maschine nach L.A. noch einmal ein Random Security Check im geclearten Wartebereichs. Den Norwegern ist das offensichtlich unangenehm. Angeblich haben sie Listen von der U.S. Bordercontrol mit zufällig ausgesuchten Passagieren, die und deren Gepäck sie ausführlich checken sollen. Okay.

Angenehmer Flug in der Dunkelheit über Island, Grönland, Kanada. Stundenlang mit einem leuchtend roten Streifen am Horizont. Und dann taucht immer wieder die Sonne selbst als strahlendes rotes Licht auf, um Minuten später wieder abzutauchen. Oval wie ein exterrestrisches Raumschiff. Oder ein fremder Stern über einem fremden Planeten in einem SciFi Movie.

Irgendwann bliebt die Sonne dann oben, steigt höher, wird gelb, dann weiß, es ist wieder, immer noch der gleiche Tag. Unten die Rocky Mountains, schneebedeckt. Dann die Wüste, sepia, grau, staubigbraun.

Comin’ into Los Angeles

What is this. We exit the Norwegian Aircraft and step into pure ugliness. Ist das der Keller eines verrottenden Parkhauses? Wir ziehen unsere Rollkoffer über verschlissene unfarbig braune Auslegeware und klapprige Rolltreppen. Irgendwo dann Toiletten. Wo bin ich hier? Wieder Rolltreppen und dann eine Halle, überfüllt mit Menschen in sich umeinander windenden Schlangen. Custom Border Protection. Über eine Stunde.

Lenny und Benji warten am Ausgang. Sehr schön. Und dann –surprise– statt strahlender Sonne ist es schon wieder dunkel. Ja, auch in Los Angeles ist Winterzeit und um kurz vor 17:00 knallt die Sonne ins Meer. Eine Stunde Fahrt durch die häßlichste Stadt, die ich je gesehen habe. Oder bin ich nur müde?

Next morning. Oh, wir wohnen in einer coolen Gegend. Rechts oben prangt das Hollywood Sign, zwei, drei Straßen weiter links liegen die Sterne unspektakulär im Hollywood Blvd.

    

Aber am besten: nur ein Block weiter ist das Franklin Village mit Supermarkt, Plattenladen und … Coffeeshop! Gerettet.

    

Griffin Observatory

Völlig unerwartet dann aus dem Traffic der Stadt – ein Walk zum Griffin Observatory. Lenny kennt sich schon aus, schlägt es vor. Zehn Minuten entlang der Straße und dann Aufstieg. Zunächst durch eine Art verlassenen unwirklichen botanischen Garten, einem brackigen künstlichen Wasserlauf folgend.

   

Und dann windet sich ein knirschender gelber Sandweg den Berg hinauf. Oben leuchtet weiß die Kuppel des Observatoriums. Nicht wie ein technisches Bauwerk. Aus der Ferne eher wie ein maurischer Tempel.

  

What happened? Es ist für mich, als wäre ich in einer anderen Zeit. Einem anderen Raum-Zeit-Kontinuum. In einer anderen Realistätsebene. In einer Graphic Novel? Oder in einem uralten Schöpfungsmythos? Alles fühlt sich leicht an, durchlässig. Unkörperlich. Was ist das für eine Energie an diesem Ort?

Ist das der Sand? Oder die Wärme? Der Geschmack der Luft?

Oben angekommen scheint die Luft, die Atmosphäre wirklich reiner. Ein Blick über die Dunstglocke zeigt, dass das mit Sicherheit auch wirklich so ist.

   

Hier oben steht die berühmte Aussichtsbank, von der aus man ganz Los Angeles überblicken kann. Und die Stadt füllt mit ihren niedrigen Häusern und den beiden kleinen Hochhauszentren wirklich den gesamten Horizont bis zum Pazifik aus.

City of Movies

Und hier oben wurden unzählige Filmsequenzen gedreht. Unter anderem für Transformers, Yes Man, Star Trek, kürzlich für Lalaland, aber auch für Rebel Without a Cause. Und James Deans Büste steht wirklich auf dem Plateau des Planetariums mit dem Hollywood Sign im Hintergrund.

   

Aber das ist alles nicht das, was mich so fasziniert. Was uns allen auffällt. Es ist trotz der zahlreichen Besucher ein reiner Ort. Die Luft schmeckt wie sehr klares weiches Wasser. Oder bilde ich mir das nur ein.

Innen dann ein Foucaultsches Pendel. Und Kabinette mit anschaulichen Displays zu verschiedenen kosmischen Phänomenen. Sonnen- und Mondfinsternissen, Galaxien, intergalaktischem Staub, Roten Riesen, weißen Zwergen, Supernovä, den Elementen – , die sich im Laufe der Zeit in den Sternen aus Wasserstoff und Helium bilden und freigesetzt werden. Von uns schön gegliedert und aufgereiht im Periodensystem.

Aber was ist mit dem Bewusstsein? Woher kommt das? Eine Frage, die im Observatory nicht gestellt wird und dort ja auch nicht gestellt werden muss. Dort wird erklärt, was wir alle seit den Siebzigern, seit Crosby, Stills, Nash and Young und ihrem wunderbaren Joni Mitchell Song »Woodstock« wissen: We are stardust, we are golden. We are billion year old carbon …

Aber sind wir nicht vielleicht auch minddust?

City of Angels

Es war wieder dunkel geworden. Hier im Süden geht das wirklich schnell. Die Sonne fliegt fast senkrecht in den Horizont, schleicht sich nicht stundenlang an, wie bei uns hier in den nördlicheren Breiten. Der Blick über die Lichter der Stadt. Die Vorstellung, dass dort jetzt überall, hier und dann da, und dann da und da eine Seele aufsteigt, und da wieder. Und da kommt eine herab. Wie viele Menschen sterben stündlich in einer so riesigen ausgedehnten Stadt? Wie viele werden geboren? Ein ständiger Austausch. Ein Austausch von Bewusstsein. Eine Entwicklung von Erfahrung, von Wissen, von Verständnis – vielleicht von Erleuchtung?

  

Erst nachts wieder in unserer coolen airbnb-Unterkunft ist mir aufgefallen, dass dieser Sandweg der Weg ist, den ich immer mit Teer male. Der Weg, den meine Mönche hinabsteigen mit ihren Kugeln. Auf und ab. Was tragen die? Und was bringen die? Was halten die so preciously in ihren Armen?

Ich weiß es so wenig, wie die Betrachter der Mönche. Ich freue mich immer über die Gedanken, Überlegungen und Vorschläge, die sich die Menschen vor den Skulpturen machen, wie neulich bei unserer ersten Backstage#1 Ausstellung. Was denkst du, was könnte es sein, das uns diese Mönche bringen?

   

Manchmal merke ich, dass ich still einen Song vor mich hin summe. Gestern war es: He’s got the whole world in his hands …

Wir sind dann in den nächsten Tagen noch zweimal hinaufgestiegen. Und wieder die klare, reine Energie dort oben.

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